In einem aktuellen Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) an Amts- und Mandatsträger aus den Städten, in denen eine Schließung der dortigen Bereitschaftspraxen vorgesehen ist, teilt diese mit, dass ein Vergleich der Fallzahlen aus den Jahren 2023 und 2024 aufgrund einer seit 2024 veränderten Zählsystematik nicht die Schlussfolgerung zulasse, dass die Praxisschließungen zu erhöhten Fallzahlen in den Notaufnahmen der umliegenden Krankenhäuser geführt hätten. Ein Vergleich sei nur zwischen den Fallzahlen der jeweils letzten Quartale der Jahre 2022 und 2023 möglich. Dort ergebe sich jedoch ein uneinheitliches Bild bei den Krankenhäusern, die von einer Praxisschließung betroffen waren.
Mit Verweis auf zwei Kleine Anfragen zur Notfallversorgung im Enzkreis (Drs. 17/7695) und im Kreis Calw (Drs. 17/7694) tritt nun der FDP-Enzkreisabgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert dem damit erweckten Eindruck entgegen, dass Praxisschließungen und die Einschränkung von Öffnungszeiten keinen ernstzunehmenden Einfluss auf die Fallzahlen in den Notaufnahmen hätten. „Vielmehr sind es die Krankenhäuser selber, die sagen, dass schon die Einschränkung der Öffnungszeiten zu einer zusätzlichen Belastung der Notaufnahmen geführt hat“, so Schweickert. So hatten die Enzkreis-Kliniken dem Sozialministerium aufgrund der Anfrage des Liberalen mitgeteilt, dass „die Steigerung der Patientenzahlen in der Notfallaufnahme im RKH Krankenhaus Mühlacker […] die Annahme zu[lasse], dass es zu einer Abwanderung von der Bereitschaftspraxis in Mühlacker hin zu den zentralen Notaufnahmen der umliegenden Kliniken gekommen sei.“ Konkret ließen sich in Mühlacker von 2023 auf 2024 in den leichteren Fällen Fallzahlsteigerungen von bis zu 56% feststellen. Auch für Neuenbürg gehen die Enzkreis-Kliniken deshalb von einer Mehrbelastung für die dortige Notaufnahme aus, sollte die dortige Bereitschaftspraxis wie geplant zum 31. März 2025 geschlossen werden.
Auch der Klinikverbund Südwest als Träger der Krankenhäuser in Calw und Nagold kommt zu einem ähnlichen Schluss. Auch dort „seien die Behandlungskontakte an beiden Notaufnahmen des Landkreises durch die bereits eingeschränkten Öffnungszeiten der Notfallpraxen an den Standorten Calw und Nagold kontinuierlich und deutlich angestiegen. […] Die Schließung der Notfallpraxis am Krankenhaus Nagold könne dazu führen, dass weitere Patientinnen und Patienten auf die zentralen Notaufnahmen der umliegenden Krankenhäuser ausweichen müssten“, gibt das Sozialministerium die Stellungnahme des Klinikverbunds wieder.
Aus Sicht Schweickerts ist damit sehr deutlich, dass die Fallzahlen in den Notaufnahmen abhängig vom Angebot einer Notfallpraxis sind. „Die KVBW täte gut daran, sich nicht mit statistischen Taschenspielertricks aus ihrer Verantwortung herauszunehmen, sondern auf die betroffenen Kliniken zu hören, die auch ohne die Schließung von Notfallpraxen schon seit Jahren mit steigenden Fallzahlen zu kämpfen haben. Es wird Zeit, dass Gesundheitsminister Lucha dem Alleingang der KVBW endlich ein Ende setzt und sich einschaltet“, fordert Schweickert zudem ein Eingreifen der Landesregierung.