„Zukunftsbranchen in Baden-Württemberg“ und die Frage wie man Innovationen und Wirtschaftswachstum nach Corona erreichen könne, waren Thema bei einer live aus dem Nieferner Kulturbahnhof übertragenen Diskussionsveranstaltung, zu der der FDP-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des Landtags Prof. Dr. Erik Schweickert eingeladen hatte. Zu den Diskutanten gehörten neben ihm noch der FDP-Spitzenkandidat Dr. Hans-Ulrich Rülke, der ehemalige Motorsport-Chef von Mercedes Benz Norbert Haug, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG Matthias Müller, sowie der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Celesio AG Dr. Fritz Oesterle. Moderiert wurde die Diskussion von Johanna Hasting.
Einigkeit bestand unter allen Anwesenden darin, dass die Schaffung einer Gründerkultur, die Förderung von Start-ups und nicht zuletzt der Bürokratieabbau wichtige Bausteine für die Zukunft der baden-württembergischen Wirtschaft sein würden. So mangele es an einer Kultur des Scheiterns, wie es sie beispielsweise in den USA gebe. So ziehe man dort positive Erkenntnisse aus gescheiterten Gründungsversuchen und erhalte bereits Anerkennung für den Versuch, während man in Deutschland häufig noch immer als Verlierer gesehen werde, wenn eine Gründung scheitere, erklärte Fritz Oesterle. Ex-VW-Chef Matthias Müller bemängelte, dass man in Deutschland Wochen für die Gründung eines Start-ups brauche, während es anderswo innerhalb weniger Stunden möglich sei. Zustimmung erhielten die beiden Wirtschaftsmanager dabei von politischer Seite. So müsse die Politik die Rahmenbedingungen deutlich verbessern und insbesondere die überbordende Bürokratie abbauen. „Wir brauchen weniger Einschränkungen durch Gesetze und mehr Flexibilität. Das kostet praktisch nichts, bringt aber große Multiplikatoreffekte“, so Erik Schweickert. Gerade für Start-ups sei es beispielsweise sinnvoll, statt täglicher Höchstarbeitszeiten Wochenarbeitszeiten einzuführen. „Gebt den Unternehmen und Beschäftigten die Möglichkeit, zu machen wofür Sie brennen!“, stimmte auch Norbert Haug in den Tenor ein. So könnten Unternehmen und ganze Branchen nach vorne gebracht werden.
Auch die Frage, welche Branchen in Zukunft von besonderer Bedeutung sein würden, kam selbstverständlich zur Sprache. Neben der Digitalisierung als grundsätzlich wichtigem Baustein wurden dabei die auch bisher schon bedeutende Automobilindustrie und die zuletzt schlagartig ins Rampenlicht getretene Gesundheits- und Biotech-Branche ausgemacht. Auch hier müsse die Politik jedoch die richtigen Rahmenbedingungen setzen, hatte Haug direkt zu Beginn betont. Er sei kein „Verbrenner-Freak“, aber das Problem sei „der Saft, der reinkommt“. Zustimmung erhielt er dabei von Hans-Ulrich Rülke, der sich wie Haug für eine deutlich stärkere Förderung von E-Fuels und Wasserstoff aussprach. Allerdings sei Baden-Württemberg kein guter Standort für Windkraft. Vielmehr müsse man erneuerbare Energien dort produzieren wo dies kostengünstig und leicht möglich sei. „Baden-Württemberg muss sich auf seine Stärken konzentrieren und nicht Windräder im windarmen Schwarzwald bauen. Man darf die Menschen nicht umerziehen wollen, sondern muss intelligente Lösungen finden, um schließlich auch die Wertschöpfung im Land zu erhalten“, so Rülke.