Schweickert fordert, vertragliche Zielwerte endlich einzuhalten Pünktlichkeit auf Residenzbahn lässt auch nach über zwei Jahren zu wünschen übrig

Auch nach zweieinhalb Jahren ist der Unmut der Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer in der Region noch immer spürbar. Nicht nur bleiben längst zugesagte Angebotsausweitungen auf der Residenzbahn aus (siehe PM 90-21), sondern auch die vertraglich festgelegten Zielwerte bei der Pünktlichkeit werden von den Eisenbahnverkehrsunternehmen weiterhin nicht eingehalten, wie der FDP-Enzkreisabgeordnete und Sprecher des Aktionsbündnisses „Qualitätsoffensive für die gesamte Residenzbahn“ Prof. Dr. Erik Schweickert mitteilt. „Es gibt hier nichts schönzureden: Was insbesondere Abellio und GoAhead liefern, erfüllt nicht unsere Ansprüche. Wenn Verkehrsminister Winfried Hermann davon spricht, dass es eine Stabilisierung gab, meint er auch genau das: Eine Stabilisierung auf zwar weitaus besserem Niveau als beim Betriebsstart im Juni 2019, aber trotzdem noch weit entfernt von akzeptablen Werten und ohne große Sprünge im Vergleich zum Vorjahr“, zeigt sich Schweickert unzufrieden mit den Fortschritten der Betreiber.
Weiter habe der Verkehrsminister in der Antwort auf eine Anfrage (Drucksache 17/1144) des Liberalen selbst eingeräumt, dass die Ansprüche des Landes nicht erfüllt würden. Man erhoffe sich jedoch „auf Basis der getroffenen Maßnahmen […] und der zunehmenden Zuverlässigkeit der Fahrzeuge eine weitere Stabilisierung und Verbesserung“. Eine Formulierung, die nach Ansicht des Enzkreisabgeordneten jedoch deutlich zu vorsichtig ist. „Gerade jetzt, wo das Land über die SWEG das Netz Abellios selbst übernimmt, muss der Minister fordern und zeigen, dass es auch und gerade auf dieser hochbelasteten Strecke besser geht. Die Zeit von Pünktlichkeitsquoten um die 70%, die Abellio bisher in Stuttgart erreicht, muss ein Ende finden“, so die deutliche Forderung Schweickerts. Zudem habe der Verkehrsminister selbst ihm gegenüber bereits vor einem Jahr verlauten lassen, dass er eine vollständige Einhaltung der Zielwerte erwarte. Daran müsse festgehalten werden.
Generell ist, wie schon im Vorjahr zu beobachten, dass die Pünktlichkeiten, bezogen auf die 3:59-min-Pünktlichkeit, insbesondere an den jeweiligen Endhaltepunkten in Stuttgart sowie Pforzheim (RB 17a) und Karlsruhe (IRE 1) zu wünschen übriglassen. Demgegenüber liegen die Werte bspw. in Mühlacker auf beiden Linien konstant bei immerhin über 80%, fallen dann jedoch bei der von Abellio bedienten RB 17 bis auf 63,78% Prozent im November 2020 in Pforzheim und sogar nur 60,5% in Stuttgart im Juni 2021. Den Bestwert in einem der Endhaltepunkte konnte Abellio im August 2021 in Pforzheim mit 81,51% erreichen. Auch bei GoAhead sieht es nur wenig besser aus. Dort wurde der Spitzenwert im April 2021 mit 86,5% in Karlsruhe erreicht. Negative Spitzenreiter waren hier der Oktober 2021 mit 73,03% in Karlsruhe sowie der November 2020 mit nur 68,98% pünktlicher Züge in Stuttgart. Die vertraglich festgelegte Zielquote von 90% konnte allerdings keiner der beiden wichtigsten Betreiber auch nur einmal erreichen. Am besten schlägt sich von allen Eisenbahnverkehrsunternehmen auf der Residenzbahn weiterhin die AVG mit ihrer Linie S5, die jedoch mit ihrer durchschnittlichen Quote von ca. 85% ebenfalls unter den Zielvorgaben landet. Auch bei den Zugausfällen gab es Verbesserungen, ohne jedoch zufriedenstellend zu sein. Gleichzeitig räumt das Ministerium ein, dass der coronabedingte Lockdown zu Beginn des Jahres aufgrund der gesunkenen Fahrgastzahlen positive Auswirkungen auf die Pünktlichkeiten gehabt habe.
Welch handfeste Folgen die Probleme im Schienenverkehr für die Betreiber haben, zeigt sich an den millionenschweren Strafzahlungen, die die Unternehmen voraussichtlich für die Jahre 2020 und 2021 zu zahlen haben. Zwar können diese nur jeweils für ein gesamtes Los und nicht gesondert für die Residenzbahn ausgewiesen werden, jedoch schätzt die Landesregierung aktuell, dass Abellio für 2020 insgesamt 4,93 Millionen Euro und für 2021 noch einmal 3,24 Millionen Euro Pönale zahlen muss. Auch GoAhead muss mit voraussichtlich 3,75 Millionen Euro und 1,74 Millionen Euro jeweils siebenstellige Beträge zahlen. „Die großen Beträge machen deutlich, dass es noch viel zu verbessern gibt. Jetzt braucht es endlich einen Sprung nach vorne, denn davon haben letztlich alle etwas. Besonders die Insolvenz Abellios hat gezeigt, dass schlechte Leistungen in Kombination mit großen Strafzahlungen zu Problemen für die bisherigen Betreiber, wie auch für den Schienenverkehr als Ganzes führen. Die Leidtragenden sind am Ende jedoch die Fahrgäste“, so Schweickert.