Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur im Enzkreis hält nicht mit steigenden Zulassungen von E-Autos mit Schweickert: „Vor lauter Euphorie für die E-Mobilität wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur beinahe vergessen“

Eine „nicht konsistente Strategie zum Ausbau der Elektromobilität“ kritisiert der FDP-Enzkreisabgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert angesichts des sich verschlechternden Verhältnisses zwischen den zugelassenen Autos mit E-Kennzeichen und der Zahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte. Schweickert hatte sich im Rahmen einer kleinen Anfrage (Drucksache 17/669) zur E-Ladenetz-Infrastruktur im Enzkreis an das Landesverkehrsministerium gewandt, um aktuelle Zahlen zur wachsenden E-Mobilität zu erhalten. Demnach gebe es im Kreisgebiet aktuell 17,2 E-Pkw pro öffentlich zugänglichem Ladepunkt, wohingegen das Verhältnis im vergangenen Jahr mit 14,5 E-Pkw pro Ladepunkt noch deutlich besser ausgesehen hatte. „Damit wird deutlich, dass der notwendige Ausbau des Ladenetzes bisher schon nicht mit dem sprunghaften Anstieg der Zulassungszahlen von E-Autos mithalten kann, die insbesondere deshalb gekauft werden, weil es von staatlicher Seite aber auch einigen Unternehmen hohe vierstellige Subventionen gibt. Mit Technologieoffenheit hat das wenig zu tun. Bund und Land hätten dann aber wenigstens im gleichen Atemzug den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur in viel stärkerem Maße berücksichtigen müssen“, kritisiert Schweickert. Besonders in den Innenstädten, Wohn- und Gewerbegebieten würden sich die Schwierigkeiten entsprechende Infrastrukturen zu schaffen, wegen der knappen Fläche immer wieder zeigen. Wie weit man wiederum von den eigenen Zielen entfernt sei, zeige sich insbesondere bei Betrachtung der landesweiten Ziele der grün-schwarzen Landesregierung. Denn mit Stand März 2021 7.064 öffentlich zugänglichen Ladepunkten im ganzen Land, sei man noch weit entfernt vom Ziel 200.000 öffentliche Ladepunkte bis zum Jahr 2030 zu schaffen. „Ich habe den Eindruck, dass vor lauter Euphorie für den subventionsgetriebenen Markthochlauf der Elektromobilität beinahe der Ausbau der Ladeinfrastruktur vergessen wurde. Auch Warnungen, dass die benötigten Strommengen nicht so leicht verfügbar sind, wurden eher in den Wind geschlagen“, so der Enzkreisabgeordnete weiter. Darüber könne auch nicht der Hinweis hinwegtäuschen, dass die Ladepunkte weit von einer Vollauslastung entfernt seien und 85% der Ladevorgänge im privaten Bereich stattfänden.

Auch der Enzkreis selbst hinkt beim öffentlichen Ladenetz hinterher. Insbesondere, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass einige Schnellladepunkte an der Autobahnraststätte Pforzheim Ost liegen. Schon bei der Gesamtzahl der Ladepunkte liegt man mit 99 im März 2021 bereits im hinteren Mittelfeld. Mit auf tausend Einwohnern gerechnet 0,5 Ladepunkten landet der Kreis jedoch nur noch im unteren Drittel der Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs. Weit entfernt von den Spitzenreitern Heilbronn, Bodenseekreis und dem südlichen Nachbarkreis Calw mit immerhin mehr als einem Ladepunkt pro tausend Einwohnern. Kreisweiter Spitzenreiter bei der Zahl der Ladepunkte ist Niefern-Öschelbronn mit 19 Normal- und Schnellladepunkten, gefolgt von Straubenhardt mit 12 und Mühlacker mit 10. Schlecht sieht es jedoch insbesondere bei der Versorgung mit Schnellladepunkten aus, denn hiervon gibt es im Enzkreis nur 13 Stück: 7 an der genannten Autobahnraststätte Pforzheim-Ost auf Gemarkung Niefern-Öschelbronn, 4 in Wurmberg, 2 in Mühlacker. Gleichzeitig macht sich der Aufschwung der Elektromobilität auch hier bemerkbar, denn zwischen Anfang 2020 und Juli 2021 stieg der Bestand von Fahrzeugen mit E-Kennzeichen von 583 auf 2.288, darunter 1.370 vollelektrische und 916 Hybridfahrzeuge. Praktisch keine Rolle spielen Brennstoffzellenfahrzeuge von denen derzeit nur zwei im ganzen Enzkreis zugelassen sind. „Auch im Enzkreis gibt es noch großen Nachholbedarf bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Allerdings braucht es dann auch entsprechende Voraussetzungen von Bund und Land, denn die Kommunen alleine können die ambitionierten Ziele nicht auf eigene Kosten erreichen“, meint Schweickert. Dass die seiner Ansicht nach zukunftsweisende Brennstoffzelle keinerlei Anklang und Förderung findet, bedauert der Liberale, denn immerhin kombiniere diese große Reichweite, schnelle Betankung und Umweltfreundlichkeit. Und in Pforzheim gebe es schließlich auch eine Wasserstofftankstelle, von der viele Regionen in Deutschland derzeit nur träumen könnten.

Einen Trend könne der wachsende Marktanteil der E-Autos offenbar bisher jedoch nicht brechen, denn der gesamte Pkw-Bestand im Enzkreis wuchs in den vergangenen Jahren weiter. Allein seit 2016 stieg die Zahl der zugelassenen Pkw‘s um über 11.000 auf 134.056 an. „Die von grüner Seite oft geäußerte Hoffnung, dass es künftig nicht nur saubere Pkw’s, sondern auch insgesamt deutlich weniger Fahrzeuge auf den Straßen gibt, macht sich bisher nicht bemerkbar. Trotz aller Bemühungen den ÖPNV auszubauen, ist für die Bürgerinnen und Bürger individuelle Mobilität offensichtlich immer noch von größter Bedeutung. Dieses Bedürfnis muss auch künftig durch verschiedene Antriebsformen von Strom, über Wasserstoff bis hin zum sauberen Verbrenner sichergestellt werden“, mahnt Schweickert.