Innenministerium stellt sich bei Rettungshubschrauber weiter quer Fragestunde im Landtag bringt neue Erkenntnisse zur Bindung von Hubschraubern durch Sekundäreinsätze

Weiter keinen Grund zur Änderung seiner Pläne zur Neuordnung der Luftrettung im Land und einen Verbleib des Rettungshubschraubers Christoph 41 an seinem angestammten Standort in Leonberg sieht das baden-württembergische Innenministerium nachdem der FDP-Enzkreisabgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert das Thema während der Fragestunde im Landtag auf die Tagesordnung gebracht hatte. Vielmehr habe sich wieder einmal gezeigt, dass insbesondere Staatssekretär Wilfried Klenk, der die Fragen des Liberalen beantwortete, maximal überzeugt vom umstrittenen Gutachten der Universität München sei und versuche jede Kritik mit einem Federstrich beiseite zu wischen, so die Bewertung Schweickerts. Dabei sei die Behauptung Klenks, man habe eine „einmalige“ Datenlage angesichts der Defizite geradezu hanebüchen.

Nachdem aus einer vorherigen Anfrage des Enzkreisabgeordneten bereits hervorgegangen war, dass die Zahl der Sekundäreinsätze, die derzeit rund ein Viertel aller Einsätze ausmachen, im Gutachten nicht fortgeschrieben, sondern auf dem Stand des Jahres 2018 eingefroren wurde, hatte er nun insbesondere in Erfahrung bringen wollen, wie sich deren Zahl nach Ansicht der Landesregierung in Zukunft entwickeln werde und wie viel Zeit diese im Vergleich zu Primäreinsätzen in Anspruch nehmen. Insbesondere zu ersterem Punkt konnte Klenk jedoch keine genaue Aussage machen. Zwar würden sich die großen Versorgungszentren, wie Freiburg oder Heidelberg, wohl weiter als Zielkliniken von Sekundärtransporten etablieren, gleichzeitig verfolge man jedoch auch im Verbund mit dem bodengebundenen Rettungsdienst das Ziel, Patienten direkt in die richtige Klinik zu bringen und so zusätzliche Transporte einzusparen. Sekundäreinsätze würden mit im Durchschnitt 2:18 Stunden Einsatzdauer rund eine Stunde länger dauern als Primäreinsätze.

Verwundert zeigt sich Schweickert auch darüber, dass das Land zwar erst im vergangenen Jahr die Hilfsfristen von 15 auf 12 Minuten verkürzt, nun aber gleichzeitig das Ziel verfolgt, Patienten direkt in Spezialkliniken zu bringen ohne diesen Aspekt bei der Neuordnung der Luftrettung ernsthaft zu berücksichtigen. „Die Tendenz zur Spezialisierung ist in der Kliniklandschaft kaum zu übersehen. Trotzdem hat man die Entwicklung der Sekundäreinsätze nicht fortgeschrieben und steht nun ohne ausreichende Datenlage da. So kann das Innenministerium selbst nicht ausschließen, dass Sekundäreinsätze künftig, insbesondere aus zeitlicher Perspektive betrachtet, bei allen Rettungshubschraubern im Land die Verfügbarkeit für Primäreinsätze deutlich verringern“, erläutert der Freie Demokrat. Somit sei dann auch die Behauptung, dass sich die Luftrettungsversorgung bei einer Umsetzung der Pläne im ganzen Land verbessere, nicht mehr zu halten.

Klenk selbst habe zudem erneut eingestanden, dass das Ministerium sich nicht grundsätzlich gegen die Schaffung eines weiteren zusätzlichen Standorts im Raum Tübingen/Reutlingen wehre, dies aber nun mit wirtschaftlichen Aspekten abgelehnt. „Wenn das Innenministerium tatsächlich ein Interesse an einer ganzheitlichen Betrachtung der Rettungsversorgung hat, muss es sich endlich auch Gedanken über die Rolle von Sekundäreinsätzen machen und deren Zahl ebenfalls fortschreiben. Es kann nicht sein, dass dies abgelehnt wird, weil man dies angeblich nicht abschätzen könne. So wird das Ziel der bestmöglichen Luftrettungsversorgung im Land verfehlt“, fordert Schweickert deshalb. Er gehe auch weiter davon aus, dass ein zusätzlicher Standort eine ausreichende Auslastung erreichen werde und sich entsprechend ein Betreiber finden lasse. Die grün-schwarze Landesregierung dürfe die Ergebnisse des Gutachtens nicht wie den heiligen Gral vor sich hertragen, sondern müsse endlich auch die Argumente der Kritiker beachten, zumal letztere auch an den potenziellen neuen Standorten zu finden seien.