Nordschwarzwald. Die FDP-Landtagsabgeordneten Dr. Hans-Ulrich Rülke, Dr. Timm Kern und Prof. Dr. Erik Schweickert kritisieren die personelle Ausstattung im Zuständigkeitsbereich des erst 2020 neu gegründeten Pforzheimer Polizeipräsidiums. Trotz angeblicher Einstellungsoffensive kommen auf 100.000 Einwohner nur 168 Planstellen im Polizeivollzugsdienst, berichtet das Innenministerium auf eine Kleine Anfrage (Drs. 17/5915) der drei Liberalen. Damit liegt das Pforzheimer Polizeipräsidium deutlich unter dem Landesdurchschnitt (277). Nicht berücksichtigt wird dabei, dass in vielen Dienststellen nicht einmal das Haushaltssoll erfüllt wird. „Die von CDU-Innenminister Thomas Strobl immer wieder beschworene Einstellungsoffensive bleibt bislang in Wahrheit eine Luftnummer. Es können weiterhin viele Stellen nicht besetzt werden. Die Zahlen werden beschönigt, indem Anwärterinnen und Anwärter hinzugerechnet werden und noch dazu verliert die Landespolizei jährlich hunderte Auszubildende. Die Bemühungen zur Personalgewinnung müssen deutlich intensiviert werden“, sind sich die liberalen Abgeordneten des Nordschwarzwalds einig
Der Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion und Pforzheimer Abgeordnete Rülke fordert deshalb, die Ausbildung attraktiver zu machen. „Strobls Jubel-PMs sind nichts weiter als Nebelkerzen. So gut kann es um die Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten im Land nicht stehen, wenn so viele Azubis abspringen. Die Qualität der Ausbildung muss gesteigert werden. Der Beruf des Polizisten muss für jeden Anwärter vom ersten Tag an zur Berufung werden. Dass dies offensichtlich nicht gelingt, ist ein weiteres Versäumnis des Innenministers. Strobl erkennt nicht, dass er mit der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger spielt.“
Bei den Polizeirevieren im Zuständigkeitsbereich des Pforzheimer Präsidiums, lässt sich nicht nur ein großes Loch zwischen der Brutto- und Nettopersonalstärke erkennen. Es wird auch deutlich, dass zum Stichtag 01. April 2023 bis auf die Reviere in Neuenbürg und Nagold netto in keinem der sechs anderen Reviere ausreichend Personal vorhanden war. So waren beispielsweise beim Polizeirevier Pforzheim-Süd nur 77 % der geplanten Personalstärke vor Ort. Auch beim Polizeirevier Pforzheim-Nord waren es exklusive der Anwärter lediglich 79,3 %. Besonders deutlich wird der Personalmangel vor allem in absoluten Zahlen. So betrug die Nettopersonalstärke innerhalb des Polizeireviers Pforzheim-Süd nur 64 statt der laut Haushalt vorgesehenen 83 Stellen. Im Polizeiposten Königsbach-Stein waren rechnerisch nur 2,8 von fünf Stellen tatsächlich besetzt. In Schömberg gar nur einer von drei vorgesehenen Polizisten vor Ort. „Das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger ist auch davon abhängig, ob die Polizei ausreichend präsent ist. Entsprechend negative Folgen haben die Vakanzen. Dabei ist die Polizeidichte im Land ohnehin schon die geringste bundesweit. Das zeigt, wie viel es noch zu tun gibt“, meint deshalb der Enzkreisabgeordnete Erik Schweickert.
Und noch ein weiterer Punkt macht den dringenden Personalbedarf deutlich, wie der Freudenstädter Abgeordnete Kern ergänzt: „Die personelle Unterbesetzung erhöht auch den Druck auf das vorhandene
Personal und sorgt für viele Überstunden. Allein im Jahr 2022 wurden im Polizeipräsidium Pforzheim rund 30.000 Stunden zu viel gearbeitet. Zwar ein Rückgang um 4.000 Stunden im Vergleich zum Vorjahr, doch 29 Stunden pro Haushaltsstelle sind deutlich zu viele“, so Kern.
Auch die technische Ausstattung in den Revieren ist jedoch oft nicht zeitgemäß, merken die Liberalen an und erinnern an entsprechende Äußerungen der Polizeigewerkschaft. Es stelle sich deshalb die Frage, wann die vom Innenministerium propagierten Maßnahmen endlich wirken. Dringend nötig wäre es, denn die Einsatzzahlen sind mit jährlich ca. 60.000 Einsätzen weiterhin hoch.