Der FDP-Landtagsabgeordnete des Enzkreises und Sprecher der „Qualitätsoffensive für die gesamte Residenz-bahn“ Prof. Dr. Erik Schweickert hat wie schon im letzten Jahr die Pünktlichkeitswerte der Zugverbindungen auf der Residenzbahn abgefragt. Die Ergebnisse seiner kleinen Anfrage (Drucksache 16/9179) stellen den Li-beralen allerdings bei weitem nicht zufrieden. „Verkehrsminister Hermann hat in den letzten Monaten zwar immer wieder betont, dass es Verbesserungen gab. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, finde ich diese aller-dings nur im Detail. Bedenklich ist, dass Abellio und Go-Ahead selbst während des ersten Lockdowns im März und April dieses Jahres weit von ihren Zielwerten entfernt waren. Es ist offensichtlich, dass die Probleme im Schienenverkehr noch immer nicht ausgeräumt sind“, so der Schluss Schweickerts.
Besonders drastisch zeigen sich die Probleme der Betreiber Abellio und Go-Ahead wenn man den in den Ver-kehrsverträgen jeweils für das gesamte Streckennetz der einzelnen Betreiber festgelegten Zielwert einer Pünkt-lichkeit von 90% bei einer Pünktlichkeitsgrenze von 3:59 Minuten zugrunde legt. Diesen Wert erreichte keiner der beiden Betreiber auch nur in einem einzigen Monat seit der Fahrplanumstellung im Sommer 2019. Am Pforzheimer Hauptbahnhof erreichten Züge von Abellio im Zeitraum Juni 2019 bis November 2020 gerade einmal eine durchschnittliche Quote von 54,71%. Selbst am Bahnhof Mühlacker betrug die Quote im gleichen Zeitraum nur 75,95%, wobei der deutliche Unterschied nach Ansicht Schweickerts ein Ausdruck der großen Probleme ist, die das Kuppeln und Flügeln im Bahnhof Mühlacker bereitet. Immerhin ist bei Abellio jedoch seit Anfang 2020 eine leichte Steigerung zu verzeichnen. Zwischen Juni 2019 und Dezember 2019 betrug die Pünktlichkeit des RB’s in Pforzheim noch katastrophale 47,73%, von Januar bis November 2020 schließlich 59,15%. Go-Aheads IRE 1 erreicht demgegenüber in Pforzheim eine Quote von im Durchschnitt 77,5%, ist dafür aber bspw. an den beiden Haltepunkten in Stuttgart und Karlsruhe deutlich unpünktlicher. Auch bei Go-Ahead ist seit Januar 2020 eine Steigerung erkennbar. Im Jahr 2019 betrug die durchschnittliche Pünktlichkeit in Pforz-heim noch 71,34%. Diese stieg in den bisher erfassten elf Monaten des Jahres 2020 auf 81,41%.
Ein besonders exemplarisches Beispiel für die weiterhin großen Probleme findet sich wiederum im August 2020. Dort fielen bei Abellio 381 Züge ganz oder teilweise aus, was auf die Planleistung gerechnet einen Ausfall von 13,6% ausmachte. Nach Angaben der Landesregierung waren die Gründe für den massiven Ausfall in Personalmangel und einem Wartungsrückstand in der Werkstatt zu suchen. Für Schweickert ein absolutes Armutszeugnis: „Wenn ich es nicht einmal hinbekomme meine Fahrzeuge zu warten, sollte ich mir überlegen, ob ich nicht doch überfordert bin.“ Die Kritik des Abgeordneten richtet sich allerdings auch an den Fahrzeug-hersteller Bombardier, der noch immer nicht alle Züge liefern konnte und dessen Software weiterhin mangel-haft ist. So soll erst ab Juni 2021 eine Mischtraktion aus 3- und 5-teiligen Zügen einsetzbar sein – eine Fahr-zeugkonfiguration, die ursprünglich schon seit dem Betreiberwechsel Mitte 2019 vorgesehen war.
Auch wenn die Bewertung über die bisherige Entwicklung voneinander abweicht, zeigt sich Schweickert je-doch mit einer Forderung des Verkehrsministers an die Betreiber einverstanden. „Es ist vollkommen richtig, zu erwarten, dass die vertraglich festgelegten Qualitätszielwerte endlich erreicht werden. Ich gehe davon aus, dass dies auch 2020 wie schon 2019 nicht gelingen wird. Im nächsten Jahr muss dann endlich ein Qualitäts-sprung erkennbar werden. Spätestens wenn endlich alle Züge ausgeliefert und mit der passenden Software ausgerüstet sind, gibt es weder für Abellio noch für Go-Ahead Ausreden!“, macht der Enzkreisabgeordnete deutlich. Fast zwei Jahre Einstiegszeit müssten schließlich einmal ausreichen, um einen ordentlichen Zugver-kehr auf die Beine zu stellen.