Düsterer Ausblick für Kinderwagen, Rollstuhlfahrer und Co. – Land sieht keine Notwendigkeit zu Anpassung von Bahnsteigen im Enzkreis

Ab Ende 2025 sollen auf den Bahnstrecken um Stuttgart herum neue moderne Doppelstockzüge mit einer Einstiegshöhe von 76 cm zum Einsatz kommen. Nachdem er bereits nach Bekanntwerden dieser Pläne angemerkt hatte, dass bis auf den Kombibahnsteig in Niefern kein einziger Bahnsteig im Enzkreis auf diese Höhe ausgelegt sei, hat der FDP-Enzkreisabgeordnete und Sprecher des Aktionsbündnisses „Qualitätsoffensive für die gesamte Residenzbahn“ Prof. Dr. Erik Schweickert nun durch eine Kleine Anfrage (Drucksache 17/2827) in Erfahrung gebracht, wie sich das Land die barrierefreie Zukunft der Bahnhöfe im Enzkreis vorstellt. Das Ergebnis betrachtet er jedoch mit Ernüchterung. „Abseits bereits geplanter Vorhaben an den Bahnhöfen Wilferdingen-Singen und Enzberg gibt es keine Pläne zum Ausbau von Bahnsteigen im Enzkreis. Die Landesregierung verweist darauf, dass auch die Großteils vorhandenen 55 cm-Bahnsteige durch die Nutzung von Rampen bereits als barrierefrei gelten und schiebt die Verantwortung ansonsten auf die Deutsche Bahn als Eigentümer der Bahnstationen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Menschen, die auf barrierefreie Einstiege angewiesen sind, gerade an Stationen, die erst vor kurzem auf 55 cm Bahnsteighöhe gebracht wurden, dort vermutlich noch jahrzehntelang auf Rampen angewiesen sein werden. Dafür ist das Land aufgrund seines jahrelangen Beharrens auf diese Höhe eindeutig mitverantwortlich“, zeigt sich der Liberale unzufrieden.
Über die genannten Projekte zur Erreichung der vollständigen Barrierefreiheit in Wilferdingen-Singen und Enzberg hinaus, die beide bis voraussichtlich Dezember 2028 abgeschlossen werden sollen, sind derzeit nach Angaben des Verkehrsministeriums keine weiteren Maßnahmen im Enzkreis in Planung. Unerwähnt bleiben allerdings die Planungen der Gemeinde Kämpfelbach den Bahnsteig in Bilfingen barrierefrei erreichbar zu machen. Der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann räumt zudem ein, dass die „harte Festlegung des Bundes auf die gesetzliche Bahnsteigzielhöhe von 76 cm […] das Land Baden-Württemberg vor eine besondere Herausforderung“ stellt. Entsprechend sollen die Bundesvorgaben nur bei Neu- und Ausbauvorhaben nach und nach umgesetzt werden. „Nach aktuellem Stand und unter Berücksichtigung der laufenden Vorhaben sind nach Ministeriumsangaben zwar bereits 70 Prozent der Bahnhöfe im Kreisgebiet vollständig barrierefrei bzw. im entsprechenden Ausbau, ob und wann es bei den anderen Stationen einen Umbau gibt, steht aber in den Sternen. Bis wann alle Bahnhöfe tatsächlich selbst nach Landesstandards barrierefrei sind, ist also unklar und selbst dann bleibt an vielen Bahnhöfen das Problem der unterschiedlichen Höhen von Zug und Bahnsteig“, erläutert Schweickert weiter.

Er fordere deshalb von Bund und Land die Ausarbeitung eines langfristig angelegten Konzepts für die Barrierefreiheit der Bahnhöfe. Die Nachteile der über viele Jahre hinweg unterschiedlichen Vorgaben zu den Bahnsteighöhen würden nun offensichtlich. Man müsse deshalb zumindest einmal einen groben Rahmen festlegen, bis wann die noch nicht vollständig barrierefreien Stationen entsprechend ausgebaut werden sollen und bis wann dann schließlich auch die vielen erst vor wenigen Jahren umgebauten Bahnsteige auf 76 cm Höhe gebracht werden sollen, so der Handlungsauftrag des Enzkreisabgeordneten.