Schlampige Einführung des vom Verwaltungsgerichtshof gekippten Rettungsdienstplans macht sich auch real bemerkbar

Hohe Einsatzzahlen erschweren Erreichung von Hilfsfristzielen

Pforzheim/Enzkreis. Stark gestiegen ist die Zahl der Rettungsdiensteinsätze im vergangenen Jahr im Rettungsdienstbereich Pforzheim/Enzkreis, teilen der FDP-Enzkreisabgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert und dessen Pforzheimer Kollege und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion Dr. Hans-Ulrich Rülke mit. So musste der Rettungsdienst 2022 insgesamt 33.615 Mal ausrücken, nachdem es im Vorjahr nur 29.715 Einsätze gegeben hatte. Die Einsatzzahlen des vergangenen Jahres stechen somit auch im längeren Vergleich hervor, denn seit 2018 hatten sich die Zahlen im Bereich zwischen 27.504 (2020) und den 29.715 Einsätzen des Jahres 2021 bewegt. Relativ konstant blieben demgegenüber die Einsätze der Notärzte. Diese erreichten 2022 zwar mit 8.762 Einsätzen ebenfalls einen Höchststand, bewegten sich allerdings nur leicht über dem vormaligen Fünf-Jahres-Hoch des Jahres 2019 von 8.649 Einsätzen.

Die beiden Liberalen wollten in ihrer Anfrage (Drs. 17/3794) zudem wissen, in wie vielen Fällen die am 10. Mai vom Verwaltungsgerichthof gekippte Hilfsfrist von 12 Minuten im Vergleich zur alten 15-Minuten-Frist eingehalten werden konnte. Hier wird deutlich, dass die neue Zielvorgabe die Rettungsdienste vor große Herausforderungen stellt, denn während die 15-Minuten-Frist zwischen 2018 und 2022 durchgehend sowohl vom ersteintreffenden Rettungsmittel wie auch von den Notärzten in immerhin mehr als neun von zehn Fällen eingehalten werden konnte, traf dies bei der 12-Minuten-Frist nur noch in 76,9 Prozent (Notärzte 2022) bis bestenfalls 83,9 Prozent (Ersteintreffende Rettungsmittel 2020) zu. Gerade die stark gestiegenen Einsatzzahlen machten sich hier zusätzlich bemerkbar, denn 2022 wurde die 15-Minuten-Frist durch die ersteintreffenden Rettungsmittel nur in 92,6 Prozent erreicht, was einen Negativrekord in den letzten Jahren darstellt. Bei der 12-Minuten-Frist fiel die Quote mit 79,8 Prozent zum ersten Mal unter 80 Prozent. Dazu muss bemerkt werden, dass die Retter eigentlich in mindestens 95 Prozent der Fälle innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort sein sollten. Schon diese Marke konnte im hiesigen Rettungsdienstbereich in jüngerer Vergangenheit nie erreicht werden. „Es zeigt sich hier auf fatale Art und Weise, wie schlampig die Änderungen am Rettungsdienstplan im Innenministerium umgesetzt wurden. Es reicht nicht, einfach nur die offiziellen Zielvorgaben zu ändern, sondern die Strukturen müssen sich dem ebenfalls anpassen. Erst nachträglich ein Gutachten für den bodengebundenen Rettungsdienst auf den Weg zu bringen, ist genau der falsche Weg. Bei einer ordentlichen Parlamentsbeteiligung hätten solche Fehler vermieden werden können“, kritisiert Schweickert die Vorgehensweise des Innenministeriums.

Dem schließt sich auch Rülke vorbehaltlos an. „Dass der Verwaltungsgerichtshof den Rettungsdienstplan für teilweise unwirksam erklärt hat, ist eine positive Entscheidung für die Bürgerinnen und Bürger und eine weitere Klatsche für Innenminister Strobl und dessen Ministerium. Die Beteiligung des Landtags bei einer Neuordnung des Rettungsdienstes ist dringend notwendig, damit künftig die Hilfsfristen flächendeckend erreicht werden können“, so Rülke.

Einigkeit besteht bei den beiden Liberalen jedoch auch darin, dass die Zahl der Bagatelleinsätze künftig wieder verringert werden muss, denn diese nehmen nach Aussagen der Rettungsdienste immer weiter zu. „Der Notruf sollte tatsächlich nur dann kontaktiert werden, wenn es notwendig ist. Bagatelleinsätze binden Personal und Rettungsmittel, die dann schlimmstenfalls bei tatsächlichen Notfällen nicht rechtzeitig eintreffen. Hier steht jeder Einzelne in der Verantwortung“, appellieren die Abgeordneten.