Pflege-Experte fordert Nachjustieren

FDP-Politiker Jochen Haußmann zeigt bei Diskussionsrunde in Stein Wege aus der Misere auf

Schätzungen gehen davon aus, dass die Anzahl der Über-67-Jährigen in Baden-Württemberg von aktuell rund 2,1 Millionen auf 3,7 Millionen im Jahr 2037 ansteigen wird. Was auch bedeuten wird, dass sich die Anzahl der Pflegebedürftigen erhöht. Experten rechnen damit, dass in acht Jahren allein im Südwesten rund 710.000 Menschen auf Pflege angewiesen sein werden: 130.000 mehr als bisher angenommen. „Das wird eine große Herausforderung sein, der wir uns stellen müssen“, sagt Jochen Haußmann: „Um sie bewältigen zu können, müssen wir nachjustieren.“ Bei einer vom Königsbach-Steiner VdK und vom FDP-Ortsverband organisierten Diskussionsveranstaltung im vor kurzem neu eröffneten Haus-Edelberg-Seniorenzentrum in der Steiner Wilhelmstraße zeigt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion potenzielle Wege auf, um die Situation in der Pflege zu verbessern. Dabei spricht er auch über die Bürokratie, die sowohl den Einrichtungen als auch den Fachkräften das Leben teilweise unnötig schwer mache.

Er denkt dabei unter anderem an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und an die Heimaufsicht der Landkreise, die beide als Kontrolleinrichtungen für die Überprüfung der Einrichtungen zuständig sind. Haußmann hält es für sinnvoll, diese Prüfungen künftig stärker zu bündeln, um Ressourcen effizienter einsetzen zu können und die Fachkräfte vor Ort zu entlasten. Zumal rund zwei Drittel der Prüfungen sowieso identisch seien. Eine weitere Chance sieht der FDP-Politiker in der Digitalisierung, die vermehrt Einzug in die Pflege halten müsse: sowohl im stationären aflegels auch im häuslichen Bereich. Er denkt dabei unter anderem an Alters-Assistenzsysteme, die Pflegekräften ihre Arbeit erleichtern können. Eine andere Baustelle ist für Haußmann die Landesheimbauverordnung, die in ihrer aktuellen Form aus seiner Sicht nicht mehr zeitgemäß ist. Etwa in Bezug auf die Einzelzimmer-Regelung. Die FDP-Landtagsfraktion habe immer darauf hingewiesen, dass ein Bestandsschutz für bestehende Einrichtungen verhindert hätte, dass viele von ihnen aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen.

Neue Impulse fordert Haußmann auch für das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, das aktuell durch Überregulierung verhindere, dass neue, altersgerechte Wohnformen in großer Zahl entstehen. Für Pflegeeinrichtungen fordert Haußmann eine neue Personalbemessung, weg von einer starren Fachkraftquote. Und plädiert für die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland, ohne die es aus seiner Sicht in der Pflege künftig nicht mehr gehen wird. Er beklagt, dass die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse aktuell zu lange dauere. Erst recht vor dem Hintergrund, dass auch andere Länder Interesse an diesen Menschen zeigen. Gleichzeitig plädiert er für eine Stärkung der häuslichen Pflege – dergestalt, dass mehr Menschen den Entlastungsbetrag der Pflegekassen von 125 Euro pro Monat tatsächlich nutzen können. Haußmann ist beim Diskussionsabend im Steiner Haus-Edelberg-Seniorenzentrum nicht der einzige, der nicht versteht, warum beispielsweise eine Einkaufshilfe erst eine etliche Stunden in Anspruch nehmende Qualifizierung absolvieren muss, bevor sie diese Dienstleistung für eine auf Unterstützung angewiesene Person erbringen darf. Haußmann hofft, dass sich an dieser Regelung im Lauf des Jahres noch etwas ändert. – Nico Roller

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Jochen Haußmann, Bärbl Maushart (beide FDP), Bürgermeister Heiko Genthner, Ursula Hutmacher (VdK), Haus-Edelberg-Einrichtungsleiter Uwe Fritz und Odin Bohnenberger (FDP, von links) machen sich für eine gute Pflege stark. (rol)