Rülke: Flut an Beschwerden von Händlern in und um Pforzheim

Landesregierung stiftet Chaos und stellt städtische Behörden vor unlösbare Aufgabe
Pforzheim/Enzkreis. Nach eigenen Angaben erreicht den Pforzheimer Abgeordneten und Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion Hans-Ulrich Rülke bereits am ersten Tag der neuen Ladenöffnungsverordnung eine Flut von Beschwerden aus Kreisen der Händler der Region. Als stellvertretenden Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim treibe ihn außerdem die Sorge um, dass die städtischen Behörden bei der Umsetzung der Landesverordnung vor unlösbare Aufgaben gestellt würden. „Ich bin in Sorge, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den städtischen Behörden das gar nicht umsetzen können, was das Land da verlangt und sich am Ende der Zorn der Händler und der Bevölkerung gegen die Stadtverwaltung richtet.“ So Rülke wörtlich.
Es sei eine grundlegende Fehlentscheidung, Einzelhändlern abhängig von der Quadratmeterzahl ihrer Verkaufsfläche die Ladenöffnung zu erlauben oder zu verbieten. Außerdem handhabe das Land Baden-Württemberg die 800-Quadratmeter-Grenze restriktiver als viele andere Bundesländer. So lasse beispielsweise Nordrhein-Westfalen Möbelhandel auch über 800 Quadratmetern zu; Baden-Württemberg dagegen nicht. So würden Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen größeren Einzelhändlern eine Abtrennung von 800 Quadratmetern Verkaufsfläche gestatten; Baden-Württemberg dagegen nicht. Rülke dazu: „Die Maßnahmen sind in unserem Land restriktiver, als in anderen Ländern. Ministerpräsident Kretschmann rechtfertigt dies mit dem sogenannten Reproduktionsfaktor. Also dem Verhältnis von mit dem Corona-Virus Infizierten zu Neuinfizierten. Ist dieser Faktor 1, so bleibt die Zahl der Infizierten gleich. Ist der Faktor größer 1, so steigt die Zahl der Infizierten. Ist er kleiner 1, so reduziert sich die Zahl der Infizierten. Bundesweit lag dieser Faktor zuletzt bei 0,7. In Baden-
Württemberg lag er am Samstag aber bei unter 0,5. Es gibt also überhaupt keinen Grund dafür, in Baden-Württemberg besonders restriktiv vorzugehen.“ Deshalb fordere er, dem Handel weiter entgegen zu kommen und außerdem eine schrittweise Öffnung von Hotels und Gaststätten in die Wege zu leiten. In diesem Gewerbe brenne vielen Unternehmen der Kittel. Da müsse etwas geschehen, und die stark abnehmenden Infektionszahlen würden das auch zulassen.
Wenn man nämlich die vom Land verlangten Hygieneregelungen anwende, dann seien die Kunden im Handel und in der Gastronomie hinreichend geschützt. Es seien Abstandsregelungen verordnet, Gelegenheiten zur Handdesinfektion, die Abtrennung der Kassenarbeitsplätze und außerdem eine Verpflichtung, zurückgegebene Ware mindestens eine Woche lang getrennt zu lagern. Rülke dazu: „Weshalb soll nicht ein größerer Laden öffnen dürfen, der all dies einhält?“Der Zorn der Geschäftsleute und absehbar auch unzumutbare Herausforderungen für die städtischen Mitarbeiter ergebe sich allerdings laut Rülke aus einigen weltfremden Durchführungsbestimmungen des Landes. So würden Windfänge, Bedienungstheken und Standflächen für Einrichtungsgegenstände zu den 800 Quadratmetern hinzugerechnet; Flächen für die Lagerung von Ware, Flächen vor Notausgängen und für Einkaufswägen hingegen nicht. „Es ist doch vollkommen klar, dass der Streit auf diese Art und Weise programmiert ist,“ fürchtet Rülke. Der Ladeninhaber werde eine Fläche beispielsweise als Fläche für Einkaufswagen ansehen und der städtische Mitarbeiter müsse dann – mit dem Maßband bewaffnet – beurteilen, ob es sich nicht doch um eine Fläche für Einrichtungsgegenstände handelt. „Im Übrigen wird jeder Ladeninhaber gut beraten sein, die Zahl der angeblichen Notausgänge nach Kräften zu erhöhen, weil er auf diese Art massiv Fläche gewinnen kann,“ mutmaßt Rülke weiter. Diese Landesverordnung könne so nicht bleiben. Die Landesregierung müsse schnellstmöglich einen solchen Unfug beenden. „Wir können in den nächsten Tagen und Wochen den Handel und die Gastronomie insgesamt wieder arbeiten lassen. Die Entwicklung der Infektionszahlen beweist dies. Und es muss Schluss sein mit diesen massiven Ungerechtigkeiten und einem derartigen Bürokratiemonstrum an Landesverordnung!“ So die Forderung des Pforzheimer FDP-Fraktionschefs im Stuttgarter Landtag.