Kreismitgliederversammlung der FDP mit deutlichen Worten und Neuwahlen im Vorstand

Plädoyer für den Wasserstoff
Das dreigliedrige Bildungssystem, die Mobilitätswende, die wirtschaftliche Lage, die Digitalisierung und der Klimaschutz: Es gibt viele Themen, die die FDP derzeit umtreiben. Über einige davon diskutierten die Liberalen der Region bei ihrer Kreismitgliederversammlung am Donnerstagabend in Niefern. Dort standen auch Neuwahlen auf der Tagesordnung, die teils deutliche, teils weniger deutliche Ergebnisse lieferten. Ganz klar war die Sache, als es um Hans-Ulrich Rülke ging: Einstimmig wurde der Kreisvorsitzende von den mehr als 30 anwesenden Stimmberechtigten in seinem Amt bestätigt. Einstimmig fiel auch die Wahl des Stellvertreters aus, der traditionell aus dem östlichen Enzkreis stammt: Erik Schweikert behält das Amt. Für den westlichen Enzkreis wurde Odin Bohnenberger ohne Gegenstimme wiedergewählt. Einzig für den Posten des traditionell aus Pforzheim stammenden Stellvertreters gab es zwei gegeneinander antretende Kandidaten: Matthias Köhler konnte 19 Stimmen auf sich vereinen, sein letztlich unterlegener Konkurrent Rainer Semet nur 13.
Auch wenn Rülke zu Beginn des mehr als dreistündigen Abends kurz aus der Region berichtete, war die Landespolitik eindeutig das die Versammlung beherrschende Thema. Und da nahm Rülke kein Blatt vor den Mund. Etwa, als er erklärte, die FDP trete für eine auf Wasserstoff basierende Mobilitätswende ein. Die von der Politik gewollte Elektromobilität mit Batterien lehnt der Landtagsfraktionsvorsitzende dagegen klar ab: Das dafür notwendige Lithium werde in Südamerika abgebaut, das Kobalt in Afrika auch mit Kinderarbeit gewonnen. Betankt würden die Elektroautos mit Kohlestrom aus Polen. „Und das ist dann umweltfreundlich?“ Zudem grenze die „Batteriemobilität“ sozial aus: Einfamilienhaus-Bewohner mit Ladestation vor der Tür könnten damit umgehen, aber wer im Hochhaus wohne und auf der Straße parke, habe unter Umständen ein Problem. Auch massenhaft Arbeitsplätze gerade in Baden-Württemberg würden vom „Batterie-Hype“ erheblich bedroht, sagte Rülke, denn die Produktion von Elektroautos benötige weniger Beschäftigte als die von Diesel-, Benzin- und Brennstoffzellen-Fahrzeugen. Trotzdem werde sie durch Subventionen erzwungen. Es handle sich um eine Politik, die weder im Interesse der Autofahrer, noch der Wirtschaft, noch des Landes Baden-Württemberg sei. „Wenn wir nicht aufpassen, werden wir in Baden-Württemberg das Ruhrgebiet des 21. Jahrhunderts.“ Rülke kündigte an, die wasserstoffbasierte Mobilitätswende werde im kommenden Landtagswahlkampf genauso ein zentrales Thema seiner Partei sein wie die Bildung. Der Landtagsfraktionsvorsitzende erklärte, die FDP setze sich für ein mehrgliedriges und differenziertes Bildungssystem ein. Darin soll zwar auch die Gemeinschaftsschule einen Platz haben, aber nicht bevorzugt werden. Rülke kritisierte, von Grün-Rot sei die berufliche Bildung zurückgedrängt worden. Er halte es für falsch, jungen Menschen zu signalisieren, der Mensch fange erst beim Abitur an. „Baden-Württemberg wird unter seinen Möglichkeiten regiert“, sagte Erik Schweikert, der ebenfalls im Landtag sitzt und dort Sprecher für Europapolitik, Tourismuspolitik, Handwerk und Mittelstand ist. Er sagte, in Sachen Digitalisierung komme man in Baden-Württemberg nicht voran. Und er beklagte, es fehle in der Regierung grundsätzlich an politischen Initiativen, vor allem im Wirtschaftsministerium. Es sei wichtig, dass die FDP auch in Zukunft mit zwei Abgeordneten in Stuttgart vertreten sei. Schweickert kündigte an: „Wir werden nicht aufhören, den Finger in die Wunde zu legen.“
Auf Nachfrage aus den Reihen der Mitglieder sagte der Abgeordnete, die Grünen und die AfD bekämen derzeit viel Zuspruch, weil sie einfache Lösungen präsentierten, obwohl die Welt deutlich komplexer sei. Er betonte: Die FDP werde von der bürgerlichen Mitte profitieren, „von denen, die nachdenken“. Beispiel Klimaschutz: Er frage sich, wie viele Eltern immer noch sagen würden, Greta Thunberg habe Recht, wenn erst einmal der eigene Arbeitsplatz zur Disposition stünde.(Bericht und Foto:Roller)